Der Wohnungsbau leidet unter einer eklatanten Nachfrageschwäche. Das Geschäftsklima im Tiefbau und im Ausbau ist vergleichsweise besser, wenn auch nicht wirklich gut. Der Auftragsmangel ist wichtigster Baubehinderungsgrund. Gleichwohl suchen die Bauunternehmen dringend Fachkräfte.
An der Konjunkturumfrage, die wir in den letzten Wochen gemeinsam mit dem ZDB durchgeführt haben, haben aktuell fast 1.350 Unternehmen teilgenommen und damit ca. 150 Unternehmen weniger als vor einem Jahr. Wir bedanken uns recht herzlich bei allen, die sich die Zeit genommen und an der Umfrage mitgewirkt haben. Nachfolgend die Ergebnisse:
Gut die Hälfte der Unternehmen ist schwerpunktmäßig im Hochbau tätig, gut 20 % im Hoch- und Tiefbau, ca. 10 % nur im Tiefbau. Dem Ausbau rechnen sich knapp 20 % der Teilnehmer zu.
Gut 60 % der an der Umfrage teilnehmenden Unternehmen haben weniger als 20 Beschäftigte, knapp 40 % haben 20 und mehr Beschäftigte. Die Unternehmen mit 20 und mehr Beschäftigten sind damit gegenüber der Grundgesamtheit der Bauunternehmen im Bauhauptgewerbe in Deutschland etwas überrepräsentiert. Im Bauhauptgewerbe in Deutschland haben ca. 90 % der Betriebe weniger als 20 Beschäftigte.
Gut 40 % der teilnehmenden Unternehmen sind vorrangig im Neubau, gut 20 % im Bestand und gut 30 % im Neubau und im Bestand tätig.
Die Struktur der an der Umfrage teilnehmenden Unternehmen ist damit gegenüber dem Vorjahr sehr stabil, ein Vorjahresvergleich damit zulässig.
Beurteilung der Geschäftslage/Geschäftserwartungen und Auftragsbestände/Auftragsreichweiten
Die derzeitige Geschäftslage wird insgesamt gerade noch von 51 % der Unternehmen mit „Gut“ oder „Befriedigend“ eingestuft. Fast die Hälfte der Unternehmen votiert mit „Schlecht“. Im Vorjahr war es „nur“ ein Drittel der Unternehmen, das ein negatives Zeugnis abgab. Damit hat sich das gedrückte Stimmungsbild in der Bauwirtschaft aus dem Herbst 2023 verfestigt.
Auf das Gesamtstimmungsbild drückt insbesondere der Wohnungsbau. Im Frühjahr des Vorjahres hatten 40 % der hier tätigen Unternehmen ein negatives Urteil abgegeben, im Herbst 2023 waren es 55 %, jetzt aktuell sind es über 60 % die mit „Schlecht“ votieren. Umgekehrt sind es jetzt noch 12 % der Unternehmen, die hier mit „Gut“ stimmen, vor einem Jahr waren es noch doppelt so viele.
Auch die Lagebeurteilung zum Wirtschaftshochbau hat zum Vorjahr nachgegeben. Hier sehen nur noch knapp die Hälfte der Unternehmen eine gute oder zumindest befriedigende Lage, vor einem Jahr waren es noch zwei Drittel der Unternehmen, die so votiert haben.
Im Straßen- und Tiefbau ist der Saldo der Rückmeldungen zur Geschäftslage weiter nahezu ausgeglichen. Mit „Gut“ stimmen bundesweit ca. 26 %, mit „Schlecht“ ca. 28 % der Unternehmen. Knapp die Hälfe der hier tätigen Unternehmen beurteilt die Lage immerhin mit „Befriedigend“.
Wenn die Stimmungslage im Ausbau auch noch nicht das niedrige Niveau wie im Rohbau erreicht hat, so ist der Trend hier leider eindeutig negativ. Waren es im Frühjahr 2023 ca. 18 %, die ein negatives Stimmungsbild gezeichnet haben, waren es im Herbst 2023 schon 26 % und aktuell sind es 30 %, die so votieren.
Die unterschiedliche Lagebeurteilung stützt sich maßgeblich auf die Entwicklung der Auftragsbestände. Dass diese zu klein ausfallen, haben zum Wohnungsbau vor einem Jahr ca. 45 % der Unternehmen gemeldet, aktuell sind es 64 % der Unternehmen. Während im Ausbau vor einem Jahr ca. 28 % der Unternehmen über zu kleine Auftragsbestände berichteten, sind es aktuell ca. 40 %.
Im Tiefbau gibt es ein differenziertes Bild: Im sonstigen Tiefbau (Tiefbau ohne Straßenbau) hielt der Meldestand aus dem Vorjahr: Zwei Drittel der Unternehmen berichten über gute oder ausreichende Auftragsbestände, „nur“ ein Drittel der Unternehmen beklagt zu kleine Auftragsbestände. Im sonstigen Tiefbau sind seit mehreren Monaten Aufträge aus dem Umbau der Energieinfrastruktur (Kabelbau, Trassenbau), der Mobilitätswende (ÖPNV, Deutsche Bahn) an den Markt gekommen. Demgegenüber sind die Auftragsbestände im Straßenbau tendenziell eher rückläufig. Fast 50 % der Unternehmen meldet zu kleine Auftragsbestände, vor einem Jahr waren es „nur“ knapp 40 %, die so votierten. Dies deckt sich mit den Meldungen des Statistischen Bundesamtes zum realen Verlauf des Ordereinganges. Dieser war im Jahresverlauf 2023 rückläufig.
Die Beurteilung zu den Auftragsreichweiten spiegelt die Einschätzungen zur Beurteilung der Auftragsbestände: Einzig im sonstigen Tiefbau kann die Reichweite bei durchschnittlich ca. 17 Wochen gehalten werden. Im Wohnungsbau verliert die Reichweite um vier Wochen auf 13 Wochen, im Ausbau um drei Wochen auf 14 Wochen, im Wirtschaftsbau um zwei Wochen auf 13 Wochen, im Straßenbau um eine Woche auf 15 Wochen.
Die Geräteauslastung hat im Hochbau und im Ausbau gegenüber dem Vorjahr um 5 %-Punkte auf 58 % abgenommen, im Tiefbau hält sie bei 65 %.
Die Erwartungen zur Geschäftsentwicklung verharren insgesamt entsprechend der Ordersituation auf einem Tiefstand. Über 90 % der Unternehmen sehen in den kommenden sechs Monaten keine Besserung (52 %) oder erwarten sogar eine verschlechterte Entwicklung (40 %). Das gilt für alle Bausparten.
Umsatz-, Preis- und Kapazitätsentwicklung
Der Bewertung des Geschäftsklimas folgend, fallen die Umsatzerwartungen zum Jahr 2024 weiter sehr verhalten aus.
Die Unternehmen bestätigen im Wesentlichen ihre Einschätzungen vom Herbst 2023. Für die Hochbaubereiche (Wohnungsbau, Wirtschaftsbau, öffentlicher Bau) erwarten jeweils gut 70 % der rückmeldenden Unternehmen einen Umsatzrückgang gegenüber 2023. Für den Ausbau und den Straßenbau erwarten das weiter gut die Hälfte der Unternehmen.
Einziger Lichtblick ist der sonstige Tiefbau. Über die Hälfte der Unternehmen rechnet hier damit, die Umsätze in 2024 gegenüber 2023 steigern oder zumindest halten zu können. Das ist auch eine Aufwärtskorrektur zur Rückmeldung aus dem Herbst 2023.
In den letzten beiden Jahren kannte die Preisentwicklung für Bauleistungen wegen dramatisch gestiegener Einkaufspreise nur eine Richtung – nach oben. Dieser Trend setzt sich nicht fort. Der Druck auf die Einkaufspreise hat nachgegeben, der Wettbewerb um Aufträge zieht wieder an. Mehr als die Hälfte der Unternehmen hat in den letzten 3 Monaten die Preise senken müssen oder bestenfalls gehalten. Vor einem Jahr haben darüber nur 30 % der Unternehmen berichtet. Der Preiswettbewerb wird anhalten. Mehr als die Hälfte der Unternehmen sieht keine Möglichkeit, erwartete Preissteigerungen im Einkauf von Material bzw. erwartete Lohnsteigerungen am Markt weiter zu reichen.
Die Verfügbarkeit von Baumaterial ist wieder weitgehend gegeben. Einzig bei Baumaschinen werden teils lange Lieferzeiten gemeldet. Die Preise im Einkauf halten überwiegend weiter ein historisch hohes Niveau. Erkennbare Preisrückgänge werden nur bei Holz und Stahl registriert. Etwa die Hälfte der rückmeldenden Unternehmen sieht hier wieder normale Preise.
Quasi im Einklang mit den erwarteten deutlichen Umsatzeinbußen, sehen die Unternehmen auch die Entwicklung ihrer Kapazitäten. Wie bereits in der Herbstumfrage, attestieren mehr als 22 % der Unternehmen, einen rückläufigen Beschäftigtenstand. Nur gut 11 % sehen einen Beschäftigtenzuwachs. Einen Beschäftigtenzuwachs dürften vor allen Dingen die im Tiefbau ansässigen Unternehmen antizipieren. Darauf deuten jedenfalls die Rückmeldungen zur Frage der Beantragung von Kurzarbeit oder betriebsbedingten Kündigungen hin. Die Betroffenheit im Bereich Tiefbau ist hierbei verschwindend gering (zwischen 1% und 4%). Zwei Drittel der Unternehmen wollen ihren Beschäftigtenstand halten.
Bemerkenswert ist im Zusammenhang mit der Beschäftigtenentwicklung, dass weiter ca. 70 % der Unternehmen die Zahl der Lehrlinge halten oder sogar erhöhen will. Der Saldo von „erhöhen“ und „senken“ der Anzahl an Lehrlingen ist mit jeweils 22 % pari pari. Knapp die Hälfte der Unternehmen berichtet über unbesetzte Ausbildungsplätze.
Unter den Konjunkturaussichten hat auch besonders die Investitionsbereitschaft in Maschinen und Geräte gelitten. Gerade noch 6 % der Unternehmen wollen hier ihre Investitionsbudgets aufstocken, gut die Hälfte der Unternehmen sieht sich veranlasst, hier zu kürzen. Gut 43 % der Unternehmen will seine Budgets halten.
Bemerkenswerterweise bleibt, dass die Unternehmen ihre Investitionen in die Digitalisierung nicht derart abspecken wie in den Maschinen- und Gerätepark. Gut die Hälfte der Unternehmen wollen ihre Budgets in die Digitalisierung halten, knapp 16 % will die Budgets erhöhen, aber doppelt so viele sehen eine Kürzung vor. Angesichts erforderlicher Effizienzsteigerungen bleibt es aber notwendig, bei der Digitalisierung ein hohes Tempo zu gehen.
Baubehinderungsgründe
Unter den rückgemeldeten Baubehinderungsgründen halten fehlende Aufträge den Spitzenplatz. Im Frühjahr des Vorjahres war dieser Wert um 30 %-Punkte auf 40 % gesprungen. Seit Herbst 2023 liegt der Wert nun bei 60 %. Der Arbeitskräftemangel hat unter der schwachen Nachfrage nur geringfügig nachgegeben. Nach 60 % im Frühjahr 2023 und 51 % im Herbst 2023, meldet etwa die Hälfte der Unternehmen weiterhin einen Fachkräftemangel. Angesichts der enormen Investitionsbedarfe im Wohnungsbau und bei der Infrastruktur wird die Nachfrageschwäche offensichtlich als temporär eingestuft. Verzögerungen bei den Baugenehmigungen nehmen mit 40 % der Rückmeldungen Platz drei ein. Zudem wird ein hoher Krankenstand beklagt; 27 % der Rückmeldungen.
Sonderfragen
Angesichts der nachhaltigen Auftragsschwäche, insbesondere im Hochbau, waren die Sonderfragen auf die Perspektiven zur Beschäftigtenentwicklung ausgerichtet. Dazu wurde nach der Antragstellung zur Kurzarbeit und betriebsbedingten Kündigungen gefragt.
Kurzarbeit haben bisher nur ca. 14 % der Unternehmen beantragt, 22 % sehen dem noch entgegen. Betriebsbedingte Kündigungen haben wegen der nachhaltigen Auftragsschwäche bisher ca. 10 % der Unternehmen ausgesprochen. Nur etwas mehr, ca. 13 %, sehen sich dazu demnächst veranlasst.
Etwa 40 % der Unternehmen sind sicher, keine Kurzarbeit beantragen zu müssen, die Hälfte der Unternehmen ist sicher, keine betriebsbedingten Kündigungen auszusprechen. Kurzarbeit und betriebsbedingte Kündigungen werden vor allen Dingen von kleineren und mittleren im Hochbau tätigen Unternehmen ins Auge gefasst. Dies korrespondiert mit Umsatzrückgängen, die in 2023 vor allen Dingen in diesem Größenklassenbereich zu verzeichnen waren. Markant war hier auch gerade der Rückgang an Baugenehmigungen im Ein- und Zweifamilienhausbau.
Insgesamt bleibt die Unsicherheit über zu ergreifende Personalmaßnahmen aber hoch. Jeweils mehr als ein Drittel der Unternehmen kann noch nicht absehen, ob Kurzarbeit beantragt wird bzw. Kündigungen ausgesprochen werden.
Die graphische Zusammenfassung der Ergebnisse finden Sie im Anhang.
Ihr Ansprechpartner
Betriebswirtschaft
Telefon: 069 / 958 09-170
E-Mail: geiser@bgvht.de