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11.03.2024
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Bauhauptgewerbe 2023, Konjunkturentwicklung und Prognose 2024

Nach den Daten des Statistischen Bundesamtes erreichte der Umsatz im Bauhauptgewerbe insgesamt in allen Betrieben in 2023 ca. 162,6 Mrd. Euro, nach 160,4 Mrd. Euro in 2022. Der Umsatz erhöhte sich damit nominal um 1,3 %, verlor aber real um 5,3 %. Die Preissteigerung für Bauleistungen im Bauhauptgewerbe lag in 2023 bei 7 %.

Dabei verlief die Umsatzentwicklung nach Größenklassen der Unternehmen und Bausparten sehr unterschiedlich. Die Umsatzsteigerung um nominal 1,3 % ist der Saldo einer zweigeteilten Entwicklung. Unternehmen mit 20 und mehr Beschäftigten erreichten einen Umsatzzuwachs um 3,5 %, während die Unternehmen mit weniger als 20 Beschäftigten einen Verlust von 3,2 % einfuhren. (Der Anteil am Umsatz der Betriebe mit 20 und mehr Beschäftigten liegt bei 6 9 %.) Während der Hochbau mit einem nominalen Umsatzrückgang um 2,2 % schloss, stiegen die Umsätze im Tiefbau um 7,5 %. Insbesondere die Nachfrageschwäche im Wohnungsbau kostete den Hochbau Kraft. Den Tiefbau stützen Projekte der Energie- und Mobilitätswende.

Die Umsatzentwicklung war weiter stark preisgetrieben, aber mit im Jahresverlauf deutlich fallender Tendenz. Während zu Beginn des Jahres 2023 die Preisentwicklung für Bauleistungen gegenüber dem Vorjahr noch bei knapp +16 % lag, wies der Deflator zum Jahresende eine Dynamik von nur noch knapp +2 % auf. Zum einen hat hierbei die Preisentwicklung auf der Einkaufsseite nachgegeben, auch wenn das Preisniveau immer noch deutlich über dem Ausgangsniveau von vor der Corona-Pandemie taxiert. So lag der Erzeugerpreisindex im Jahresmittel 2023 gegenüber 2020 bei energieintensiven Produkten wie Zement noch um 64 % höher. Aber auch Mineralölerzeugnisse (+59 %), Betonstahl (+52 %), Dämmung (+43 %), Ziegel, Kies und Sand (+35 %) und auch Bauholz (+34 %) verfehlten weit das Ausgangsniveau von 2020. Zum anderen hat im Angesicht der schwachen Nachfrage im Hochbau in 2023 auch wieder ein deutlicher Preiswettbewerb um Aufträge eingesetzt. Für 2024 erwartet der ZDB einen Preisrückgang für Bauleistungen gegenüber dem Vorjahr um 2 %.

Nachdem es dem Bauhauptgewerbe in den Vorjahren noch gelungen war, jeweils einen Beschäftigtenzuwachs von ca. 20.000 Beschäftigten und in 2022 noch von ca. 15.000 Beschäftigten zu generieren, ist dieser Prozess angesichts der Nachfrageschwäche in 2023 eingebremst worden. Nach 926.660 Beschäftigten in 2022 sind in den Unternehmen des Bauhauptgewerbes in 2023 jahresdurchschnittlich 927.780 Beschäftigte tätig. Das schmale Plus von 1.120 Beschäftigten gegenüber dem Vorjahr ist dem Zuwachs in den Unternehmen mit 20 und mehr Beschäftigten zuzuschreiben. Hier betrug der Beschäftigtenzuwachs knapp 6.700 Beschäftigte, wohingegen die kleineren Unternehmen ca. 5.600 Beschäftigte verloren. Für 2024 rechnet der ZDB mit einem Rückgang bei der Zahl der Beschäftigten von bis zu 30.000 auf ca. 900.000 Beschäftigte. Hierbei werden insbesondere altersbedingt ausscheidende Mitarbeiter nicht durch neue Mitarbeiter ersetzt.

Entwicklung in den Bausparten

Wohnungsbau

Der Wohnungsbau war im gesamten Jahresverlauf von einer Nachfrageschwäche geprägt. Maßgeblich hierfür war das anhaltend hohe Zinsniveau für Immobilienkredite. Aber auch das immer noch hohe Preisniveau für Bauleistungen, aber auch für die Lebenshaltung, wirkten bremsend auf die Nachfrage. Die Lebenshaltungskosten stiegen 2023 im Jahresdurchschnitt um 5,9 %, nach +6,9 % in 2022.

Ausdruck des Zusammenbruchs der Nachfrage ist ein Rückgang der Baugenehmigungen um mehr als 94.300 WE in 2023 gegenüber 2022. Im Bereich Ein- und Zweifamilienhäuser wurden fast 43.900 Genehmigungen weniger erteilt, -41,5 %. Bei den Mehrfamilienhäusern waren es ca. 47.900 WE weniger, -25 %. Insgesamt wurden in 2023 noch ca. 260.000 Baugenehmigungen erteilt, nach ca. 354.400 im Vorjahr.

Diesem Frühindikator folgte auch die Orderentwicklung. Real verblieben die Order im Wohnungsbau um 20 % unter dem Vorjahresniveau. Das hatte auch Auswirkung auf die Entwicklung der Auftragsbestände im Wohnungsbau. In realer Betrachtung wurde in den letzten beiden Jahren der Zuwachs des Bestandes der letzten vier Jahre abgebaut. Der Auftragsbestand liegt zum Jahresende 2023 real auf dem Niveau vom Jahresende 2016.

Der nachhaltige Nachfrageschwund hat sich bereits in der Umsatzentwicklung in 2023 niedergeschlagen. Nach 61,4 Mrd. Euro wurden in 2023 noch 57,9 Mrd. Euro umgesetzt. Dies entspricht einem nominalen Rückgang um 5,7 % und real von 11,9 %. In Anbetracht des bereits manifestierten Orderlochs rechnet der ZDB für 2024 noch mit ca. 235.000 fertiggestellten Wohneinheiten, nach geschätzten ca. 271.000 WE in 2023. Den Umsatz im Wohnungsbau prognostiziert der ZDB in 2024 bei 49,2 Mrd. Euro, was einem nominalen Rückstand von 15 % und real von ca. 13 % entspricht.

Wirtschaftsbau

Im Wirtschaftsbau verlief die Entwicklung in 2023 zweigeteilt. Während den Hochbau die hohe Zinslast verbunden mit der schwachen Konjunkturentwicklung in den Industriebereichen traf, puschten den Wirtschaftstiefbau Projekte, nicht zuletzt Großprojekte, der Energie- und Mobilitätswende. So bringen die vier Netzbetreiber den Stromtrassenausbau voran. Hier sind im letzten Jahr große Lose an den Markt gekommen. Auch der Ausbau schienengebundenen Verkehrs bei der Deutschen Bahn aber auch im regionalen Personenverkehr erreicht jetzt den Baumarkt.

So sind die Order im Wirtschaftstiefbau von 19,5 Mrd. Euro in 2022 auf 24,5 Mrd. Euro angewachsen +26 %. Auch die Auftragsbestände haben im Jahresverlauf 2023 deutlich zugelegt, von ca. 13 Mrd. Euro Ende 2022 auf 17,4 Mrd. Euro Ende 2023, +34 %. Der Umsatz im Wirtschaftstiefbau erreichte in 2023 ca. 27,7 Mrd. Euro, nominal ein Zuwachs von knapp 12 %, real ein Zuwachs um 4,6 %.

Anders die Entwicklung im Wirtschaftshochbau: Hier schlägt sich die konjunkturelle Stagnation in Deutschland erkennbar nieder. Auch hier bremsen die Zinsentwicklung und die Energiepreisentwicklung die Investitionsneigung für Bauten ein. So verfehlten die Neubau-Genehmigungen für Büro- und Verwaltungsgebäude, bemessen nach Baukosten, das Vorjahresvolumen um fast 20 %. Lagergebäude konnten ihre Rallye der Vorjahre nicht weiter fortsetzen (-11 %). Handelsgebäude (-12 %) und Hotel und Gastronomie (- 34 %) erholen sich nach der Corona-Pandemie immer noch nicht. Einzig Fabrikgebäude schließen mit einem positiven Saldo (+6 %). Für Neu- und Umbaumaßnahmen in Wirtschaftsbauten fehlen zum Vorjahr nominal insgesamt ca. 4,2 Mrd. Euro (-10 %).

Der Orderzugang blieb im Wirtschaftshochbau im Jahresverlauf schwach ausgeprägt. Zuletzt haben Großprojekte das kumulative Ergebnis zwar noch etwas aufgebessert, per Saldo sind es aber immer noch allein nominal ca. 3 % weniger Aufträge als im Vorjahr. Der Auftragsbestand liegt zum Ende 2023 mit ca. 5 % (nominal) unter dem Vorjahresniveau.

Insgesamt erreichte der Umsatz im Wirtschaftsbau in 2023 ca. 60 Mrd. Euro, nominal ein Zuwachs um 5,5 %, real ein Verlust um 1,3 %. Der Wirtschaftstiefbau gewinnt in den letzten Jahren mit dem Ausbau der Energieinfrastruktur und der Mobilitätswende zusehends an Gewicht. Betrug der Umsatzanteil in 2015 erst 38 %, so erreichte er in 2023 bereits 46 %. Dem Trend folgend wird der Tiefbau weitere Anteile hinzugewinnen. Für 2024 rechnet der ZDB im Wirtschaftsbau mit einem realen Zuwachs von 2,7 %, dabei im Tiefbau von ca.  +7 %. Im Hochbau erwartet der ZDB einen realen Rückgang um 1 %. Der Umsatzanteil des Tiefbaus wird dann bei knapp 50 % liegen.

Öffentlicher Bau

Auch im öffentlichen Bau zeigte sich im Jahresverlauf 2023 bei der Orderentwicklung ein ambivalentes Bild. Im Hochbau gab es seit dem Sommer einige Impulse, zuletzt auch gepuscht durch Großprojekte. Dies hat hier auch zu einem erkennbaren Zuwachs der Auftragsbestände geführt, die zum Ende Jahres 2023 um nominal 1,2 Mrd. Euro höher ausfallen als vor Jahresfrist (+23,5 %). In den anteilig umsatzstarken Tiefbausparten fielen die Impulse insgesamt flacher aus.

Der Umsatz im öffentlichen Bau erreichte 2023 insgesamt ca. 44,6 Mrd. Euro ein nominaler Zuwachs um 6 %, real ein Rückgang um ca. 1 %. Stützend wirkte dabei die Entwicklung im öffentlichen Hochbau. Dieser legte nominal um ca. 13 % auf 9,4 Mrd. Euro zu. Dies entsprach auch einem realen Zuwachs um ca. 6 %. Im öffentlichen Tiefbau wurden 35,2 Mrd. Euro umgesetzt, nominal ein Zuwachs um ca. 4 %, real ein Rückgang um ca. 3 %.

Für die Umsatzprognose 2024 geht der ZDB davon aus, dass die Investitionslinien für die Infrastruktur im Bereich Straße und Wasserstraße wie in der Haushaltsplanung 2024 bisher veranschlagt bei ca. 10 Mrd. Euro liegen. Dies entspricht einem nominalen Zuwachs um gut 3 %. Gleichzeitig bleiben die investiven Handlungsspielräume der Länder und Kommunen eng, wie das Ringen um das Wachstumschancengesetz deutlich illustrierte. Nach dem aktuellen Kommunalpanel 2023 beziffern die Kommunen ihren in 2022 bestehenden Investitionsrückstau auf nun 165,6 Mrd. Euro, nach 159,4 Mrd. Euro im Jahr 2022 und rechnen mit einem weiteren Anstieg des Investitionsstaus in den kommenden fünf Jahren. Nominal erwartet der ZDB für 2024 ein Umsatzwachstum beim öffentlichen Bau um knapp 1 %, bei dem erwarteten Preisrückgang entspricht das einem realen Wachstum um knapp 3 %.

Wirtschaftliche Folgen der Konjunkturentwicklung im Bauhauptgewerbe

Der nachhaltige Orderrückgang im Wohnungsbau und die Nachfrageschwäche im gewerblichen Hochbau führen tendenziell zu einer Unterauslastung der in den letzten Jahren geschaffenen Kapazitäten. Dieser Produktivitätsverlust stellt die Unternehmen vor enorme betriebswirtschaftliche Herausforderungen. Die Unternehmen halten Beschäftigte an Bord, in der Erwartung, dass objektiv bestehende Baubedarfe, insbesondere im Wohnungsbau, zeitnah als Order an den Markt kommen. Von entscheidender Bedeutung sind hierbei die Erwartungen zu sinkender Zinsentwicklung. Die Investoren erwarten tendenziell eine Entlastung im Jahresverlauf 2024. Derzeit führen diese Erwartungen zu Investitionsattentismus. Diesen befördert ebenfalls die Erwartungen auf die Umsetzung des Wachstumschancengesetzes mit der vorgesehenen degressiven Afa im Mietwohnungsbau.

Per November 2023 meldet das Statistische Bundesamt für das Bauhauptgewerbe einen Anstieg der Insolvenzen um 265 auf 1.280 Insolvenzen (+26 %). Hintergrund bleibt einerseits der hohe Kostendruck und andererseits ein anziehender Wettbewerb um Aufträge, der auf die erzielbaren Baupreise drückt. Die deutliche Zunahme der Insolvenzen im Bauhauptgewerbe ist beachtlich. Sie erfolgt gleichwohl von einer niedrigen Basis aus und bewegt sich im Kontext anderer Branchen.

Ursächlich für die Steigerungen im Bauhauptgewerbe sind steigende Kosten auf der Einkaufseite und ein wieder anziehender Preiswettbewerb um Aufträge. In dem Maße wie die Nachfrage nach Bauleistungen verhalten bleibt, werden die Insolvenzen zunächst weiter anziehen. Wenn sich der hohe Bedarf an Bauleistungen (hier insbesondere im Wohnungsbau) wieder stärker in zahlungsfähige Nachfrage umsetzt, können sich die Insolvenzzahlen wieder stabilisieren. Eine Steigerung der Insolvenzzahlen im Bauhauptgewerbe wie zwischen 1995 und 2005 ist derzeit nicht zu erwarten.

Tabelle Umsatzentwicklung Bauhauptgewerbe

Ihr Ansprechpartner

Markus Geiser

Betriebswirtschaft

Telefon: 069 / 958 09-170
E-Mail: geiser@bgvht.de

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