
Die EU-Kommission will die Bürokratiepflichten rund um CSRD-Berichterstattung, EU-Taxonomie und EU-Lieferkettenrichtline entschärfen, die Schwellen anheben und den Start verschieben.
Details zum Omnibusgesetz
Im Zuge ihrer Entbürokratisierungsinitiative hat die EU-Kommission am 26. Februar 2025 einen Vorschlag zur Vereinheitlichung und Vereinfachung der Lieferketten- und Nachhaltigkeitsberichterstattung vorgelegt (sogenanntes Omnibusgesetz).
Das Omnibusgesetz ist Teil des sogenannten Clean Industrial Deal, der die europäische Industrie auf Wachstumskurs bringen und beim Übergang zum klimafreundlichen Wirtschaften unterstützen soll. In diesem Sinne umfasst der Clean Industrial Deal auch einen Plan zur Förderung grüner Technologien und energieintensiver Unternehmen sowie einen Aktionsplan für bezahlbare Energie.
Das Omnibusgesetz kommt vor allem dem Mittelstand zugute, indem es vier bestehende Gesetze harmonisiert und entschärft:
- die Nachhaltigkeitsberichterstattung nach CSRD,
- die Taxonomieverordnung, die u.a. die technischen Kriterien für nachhaltiges Bauen definiert,
- die Lieferkettenrichtlinie (CSDDD) und
- das CO2-Grenzausgleichssystem (CBAM).
Nachhaltigkeitsberichterstattung nach CSRD
Die Schwelle für die CSRD-Berichterstattung will die EU auf 1000 Mitarbeiter anheben. Damit wären 80 % der von der CSRD-Richtlinie betroffenen Unternehmen von der Pflicht befreit, einen Nachhaltigkeitsbericht zu verfassen. Große Unternehmen mit mehr als 1000 Mitarbeitern blieben dagegen berichtspflichtig, sollen aber erst ab 2028 über ihre Nachhaltigkeit berichten (mit Ausnahme der kapitalmarkt-orientierten Unternehmen, die bereits seit 2017 berichten). Die ESRS-Standards sollen überarbeitet und die Zahl der Datenpunkte reduziert werden.
Zusätzlich zum Schwellenwert 1000 Mitarbeiter müssten 50 Mio. € Umsatz oder 25 Mio. € Bilanzsumme überschritten sein, um berichtspflichtig zu werden. Doch diese beiden Schwellenwerte sind bei Bauunternehmen mit 1000 Mitarbeiter immer überschritten, würden also keine Rolle spielen.
Freiwillige Berichterstattung von KMU (VSME)
Der VSME-Standard für die freiwillige Berichterstattung von KMU (bis 1000 Mitarbeiter) soll dann als maximaler Standard verankert werden (sogenanntes value-chain-cap). Diese Forderung verfolgen ZDB und ZDH seit mehr als einem Jahr. Eine Durchsetzung wäre ein großer Erfolg. Möglicherweise müssten zusätzlich zum VSME-Bericht jeweils einige typische Branchenkennzahlen berichtet werden. Sektorspezifische Standards würden dagegen nicht entwickelt werden. Der VSME-Standard soll Im Rahmen eines delegierte Rechtsaktes beschlossen werden.
Bei der wichtigsten Bankenkennzahl „Green-Asset-Ratio“ sollen künftig Kredite an nicht berichtspflichtige KMU nicht nur aus dem Zähler, sondern auch aus dem Nenner ausgenommen werden. Auf diese Weise würden sich KMU-Kredite nicht mehr negativ auf die GAR-Kennzahl auswirken!
Plattformen zur Erstellung von Nachhaltigkeitsberichten nach CSRD und VSME
DNK und ZWH arbeiten aktuell an der Entwicklung von zwei Plattformen für die kostenfreie Nachhaltigkeitsberichterstattung von KMU („KMU-Modul Handwerk“ beim ZWH, nach VSME) und von berichtspflichtigen Unternehmen (beim DNK, nach CSRD und ESRS). Die Projekte werden mit Mitteln des BMWK finanziert, die Entwicklung des KMU-Moduls Handwerk fachlich vom ZDB unterstützt. Details folgen in einem weiteren Artikel.
Die Nachweispflichten nach EU-Taxonomieverordnung
Die Nachweispflichten nach EU-Taxonomieverordnung sollen reduziert und die Pflicht, Taxonomiekennzahlen offenzulegen, ebenfalls auf Unternehmen ab 1000 Mitarbeiter (und mehr als 450 Mio. € Umsatz) beschränkt werden. Taxonomie-Kennzahlen sollen nur Unternehmen berichten müssen, die auch nach CSDDD berichtspflichtig sind. Die „Do-not- significant-harm-Kriterien“ (DNSH) sollen vereinfacht werden.
Die Transparenz in der Lieferkette (CSDDD)
Bei der Lieferkettenrichtlinie soll die Schwelle weiterhin bei 1000 Mitarbeitern liegen, aber die Prüfung zur Einhaltung ökologischer, sozialer und menschenrechtlicher Standards soll auf die unmittelbaren Vertragspartner begrenzt werden (Tier 1, Lieferanten von Lieferanten müssen also nicht mehr in die Prüfung einbezogen werden). Und diese Überprüfung der Standards soll nicht mehr jährlich, sondern grundsätzlich nur noch alle fünf Jahre erfolgen. Zudem sollen die Haftungsregelungen entschärft werden. Auch hier soll der Start auf Mitte 2028 verschoben werden.
Die Mitgliedsstaaten sollen darüber hinaus sicherstellen, dass Unternehmen von ihren Geschäftspartnern mit weniger als 500 Mitarbeitern nicht mehr Informationen abfragen als im VSME-Standard vorgesehen (Ausnahmen sind möglich).
Europäisches CO2-Grenzausgleichssystem
Das CO2-Grenzausgleichssystem soll künftig erst greifen, wenn ein Importeuer Produkte mit insgesamt mehr als 50t CO2-Emissionen jährlich importiert. Dadurch würde die überwiegende Zahl aller Importe von Bürokratiepflichten rund um den Klimazoll befreit werden.
Bewertung
Das Baugewerbe begrüßt die Pläne der EU-Kommission ausdrücklich. Schon seit Jahren setzt sich der ZDB dafür ein, die Nachhaltigkeitsberichtspflichten für die Betroffenen händelbar zu machen und kleinere Mittelständler von diesen Berichtspflichten ganz frei zu halten. Insbesondere in den letzten Wochen, seit bekannt geworden war, dass die EU-Kommission an einem Omnibusgesetz arbeitet, hatte sich der ZDB zusammen mit anderen Wirtschaftsverbänden, darunter dem ZDH, der FIEC und SME United, noch einmal intensiv dafür eingesetzt, die Regularien zu vereinfachen und die Schwellenwerte für die Berichtspflichten anzuheben.
Tatsächlich ist es aber fraglich, ob den Entbürokratisierungsplänen der EU-Kommission unverändert zugestimmt werden wird. Die EU-Kommission leitet ihre Vorschläge nun an das EU-Parlament und die Mitgliedsstaaten weiter. Doch schon jetzt gibt es erheblichen Widerstand aus Parteien und Umweltverbänden. Es wird damit gerechnet, dass zwar die geplante Verschiebung des Berichtsstarts auf 2028 möglicherweise bis zum Juni beschlossen wird, dass aber die inhaltlichen Änderungen/Erleichterungen nicht vor Jahresende und nur in abgemilderter Form kommen.
Es ist zu hoffen, dass mit der Durchsetzung der Vorschläge der EU-Kommission auch der Druck auf KMU abnimmt, als Kunde von Banken oder Auftragnehmer von großen Unternehmen detailliert Auskunft über die eigene Nachhaltigkeit zu geben. Allerdings betonen Banken immer wieder, dass neben der CSRD-Richtlinie auch die Bafin und die EZB im Zusammenhang mit der Kreditvergabe Nachhaltigkeitsdaten fordern.
Nicht zuletzt kommt diese Initiative zu spät: Große Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitern und/oder 50 Mio. Euro Umsatz und/oder 25 Mio. € Bilanzsumme haben bereits seit zwei Jahren erhebliche Ressourcen in die Vorbereitung und Umsetzung der seit Anfang dieses Jahres verpflichtenden CSRD-Nachhaltigkeitsberichterstattung investiert.
Die Nachhaltigkeit ist jedoch mehr als eine regulatorische Vorgabe – sie bleibt eine globale Herausforderung, die alle Unternehmen betrifft. Unabhängig davon, ob Berichtspflichten gelockert oder verschärft werden, sind und bleiben nachhaltige Strategien ein entscheidender Faktor für die Zukunftsfähigkeit von Unternehmen.
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