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05.05.2023
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Schlechte Auftragslage am Wohnungsbau prägt das Stimmungsbild

Die Bauunternehmen erwarten in den kommenden Monaten eine schwache Nachfrage nach Bauleistungen. Die damit erwartete Unterauslastung schlägt auf die Investitionsabsichten und den Beschäftigtenaufbau negativ durch. Allerdings werden Lehrlinge weiter dringend gesucht, weil die Baunachfrage an sich großes Potential hat und Fachkräfte altersbedingt ersetzt werden müssen.

An der regelmäßig im Frühjahr und im Herbst durchgeführten Konjunkturumfrage, die wir gemeinsam mit dem ZDB durchführen, haben im Frühjahr 2023 fast 1.500 Unternehmen (darunter 104 VbU Hessen-Mitgliedsbetriebe) teilgenommen und damit ca. 300 Unternehmen mehr als vor einem Jahr.

Gut die Hälfte der Unternehmen ist schwerpunktmäßig im Hochbau tätig, gut 20 % im Hoch- und Tiefbau, ca. 10 % im Tiefbau. Dem Ausbau rechnen sich knapp 20 % der Teilnehmer zu. (Frage 3).

Etwa 60 % der an der Umfrage teilnehmenden Unternehmen haben weniger als 20 Beschäftigte, etwa 40 % haben 20 und mehr Beschäftigte. Die Unternehmen mit 20 und mehr Beschäftigten sind damit gegenüber der Grundgesamtheit der Bauunternehmen im Bauhauptgewerbe in Deutschland etwas überrepräsentiert. Im Bauhauptgewerbe in Deutschland haben ca. 90 % der Betriebe weniger als 20 Beschäftigte (Frage 2).

Gut 40 % der teilnehmenden Unternehmen sind vorrangig im Neubau, gut 20 % im Bestand und gut 30 % im Neubau und im Bestand tätig (Frage 4).

Die Struktur der an der Umfrage teilnehmenden Unternehmen ist damit gegenüber dem Vorjahr stabil.

Beurteilung der Geschäftslage und Geschäftserwartungen

Die augenblickliche Geschäftslage wird von den Unternehmen überwiegend sehr verhalten beurteilt. Während gut 20 % der Unternehmen insgesamt eine gute Lage sehen, bewerten ca. 35 % sie als schlecht. Gut 40 % geben ein Urteil „Befriedigend“ ab. Noch vor einem Jahr bewerteten 44 % die Geschäftslage als „Gut“, nur etwa 17 % der Unternehmen bewerteten ihre Geschäftslage als „Schlecht“. (Die Invasion Russlands in die Ukraine hatte seinerzeit schon begonnen.) Das derzeitige Lageurteil fällt auch gegenüber der Herbstumfrage 2022 weiter ab, bei der noch etwa ein Drittel der Beurteilungen zur Geschäftslage positiv war (Frage 5).

Die schwache Orderentwicklung der letzten Monate dringt hier schon durch. Hohe Kosten für Baumaterial erzwingen hohe Baupreise. Das gleichzeitig deutlich erhöhte Niveau der Immobilienfinanzierungskosten bei abgesenkter Förderung, aber gestiegenen Energieeffizienzanforderungen schlagen auf die Nachfrage zurück.

Während im Frühjahr 2022 der Wohnungsbau noch als Motor der Baukonjunktur gesehen wurde, drückt er nun das Geschäftsklima nach unten. Im Frühjahr 2022 bewerteten 64 % der Unternehmen die Lage im Wohnungsbau als gut, aktuell sind es noch 24 %, die ein solches Urteil fällen. Der Rückgang um 40 %-Punkte steht für ein gewendetes Stimmungsbild zum Flaggschiff der Baukonjunktur der letzten Jahre.

Aber auch der Wirtschaftsbau und der öffentliche Bau lassen gegenüber dem Vorjahr deutlich „Federn“. Im Frühjahr 2022 bewerteten über 30 % im Wirtschaftsbau und über 20 % im öffentlichen Hochbau die Lage positiv, im Frühjahr 2023 sind es im Wirtschaftsbau noch 16 % und im öffentlichen Hochbau 13 %.

Sozusagen stabil verhalten wird die Lage im Straßenbau bewertet. Im Frühjahr 2022 votierten gut 20 % der Umfrageteilnehmer mit „Gut“, im Frühjahr 2023 sind es noch 18 %.

Während die Lagebeurteilung mit einem Stirnrunzeln sinnbildlich gleichzusetzen ist, legt sich die Stirn hinsichtlich der Erwartungen zu den kommenden Monaten förmlich in Falten: Weniger als 5 % der Rückmeldungen entfallen hier insgesamt noch auf eine positive Beurteilung, fast 50 % erwarten eine Verschlechterung. Dieses Bild wird maßgeblich von den Hochbausparten geprägt. Stimmungsaufhellend wirkt hier allein der Ausbau, wo ca. 10 % noch eine Verbesserung erwarten und „nur“ ein Drittel der Meldungen auf schlechtere Aussichten entfällt. Im Straßenbau sehen 5 % der Unternehmer Potential für Besserungen, 40 % erwarten hingegen eine Verschlechterung der Situation.

Das ist insgesamt ein ähnliches Bild zu den Erwartungen wie im Frühjahr 2022, als wegen der Ukraine-Invasion die Sorgen wegen Lieferengpässen und Preiserhöhungen bei Baumaterial grassierten (Frage 6).

Nachfragesituation und Geräteauslastung

Anders als im Frühjahr 2022 fallen die Auftragsbestände im Frühjahr 2023 deutlich geringer aus, weil sie seit Monaten schon abgebaut werden. So sahen im Frühjahr 2022 noch fast 40 % der Unternehmen die Auftragsbücher gut gefüllt, jetzt sind es keine 20 % mehr. Selbst im Ausbau fallen die Urteile zu guten Auftragsbeständen um 20 %-Punkte auf knapp 30 % zurück. Im Straßenbau gehen die entsprechenden Urteile um 7 %-Punkte auf 15 % zurück (Frage 7).

Die Reichweite der Aufträge ist spartenspezifisch. Sie reicht im Durchschnitt von 17 Wochen im Wohnungsbau und Ausbau bis zum Wirtschaftsbau mit 15 Wochen. Der Ausbau und der Wirtschaftsbau verlieren zum Vorjahr damit 2 Wochen an Reichweite, beim Wohnungsbau sind es 5 Wochen. Der Straßenbau hält bei gut 15 Wochen (Frage 8).

Die Geräteauslastung liegt in diesem Frühjahr im Hochbau bei 63 % (Vorjahr 69 %). Im Tiefbau liegt der Wert bei 65 % (Vorjahr 67 %), im Ausbau bei 62 % (Vorjahr 63 %). Der Ausbau ist eine Domäne eher kleinerer Unternehmen. Die Reichweite der Order fällt im Vergleich zum Hoch- und Tiefbau immer etwas ab (Frage 9).

Umsatz-, Preis- und Kapazitätsentwicklung

Der Bewertung des Geschäftsklimas folgend, fallen die Umsatzerwartungen zum Jahr 2023 gegenüber dem Vorjahr zurück. Etwa 60 % der Unternehmen erwarten insgesamt rückläufige Umsätze, ca. 30 % sehen eine Stagnation. Dabei ziehen die Prognosen zu den hochbaudominierten Bereichen „nach unten“. Im Wohnungsbau sehen fast 70 % Umsatzrückgänge, im Wirtschaftsbau und öffentlichen Bau gut 60 %. Höhere Umsätze als in 2022 sehen hier jeweils ca. 10 % der Umfrageteilnehmer, Stagnation zum Vorjahr sehen zwischen 20 % und 30 % der Teilnehmer. Im Straßenbau erwarten in 2023 knapp 50 % niedrigere Umsätze, immerhin gut 40 % sehen aber auch ein stabiles Niveau wie 2022. Der Ausbau kommt mit 20 % der Erwartungen zu Umsatzsteigerungen und knapp 40 % zur Stabilisierung noch auf die besten Prognosewerte (Frage 10).

Die rückmeldenden Unternehmen haben sich dezidiert sehr kritisch zur Förderpolitik des Bundes beim Wohnungsbau geäußert. Die ausschließliche Förderung von höheren Energieeffizienzniveaus als EH 40 wird als zu überambitioniert, die Förderbedingungen als zu bürokratisch bewertet. Zudem auch nicht ausreichend Ressourcen zur Zertifizierung am Markt verfügbar sein. Es wird für einfache Regelungen und auskömmliche und nachhaltige Förderbedingungen geworben.

Die Prognose zu insgesamt sinkenden Umsätzen kann auch die erwartete Preisentwicklung für Bauleistungen nicht „aufhalten“. Insbesondere wegen gestiegener Materialkosten haben über 60 % der Unternehmer in den letzten Monaten ihre Preise erhöht. Knapp 50 % der Umfrageteilnehmer sehen auch in den kommenden Monaten weiter steigende Einkaufspreise auf sich zukommen. Sie sehen sich daher auch gezwungen, die Baupreise weiter dementsprechend anzupassen. Ein Teil der Unternehmen sieht angesichts des stärker werdenden Wettbewerbes um Aufträge, das Potential zu Baupreissteigerungen bereits ausgeschöpft (Fragen 15, 16, 19, 20).

Die erwartete negative Konjunkturentwicklung bremst offensichtlich einen über 10 Jahre andauernden Kapazitätsaufbau im Bauhauptgewerbe jetzt ein. Über 70 % der Unternehmen wollen ihren Beschäftigtenstand halten. Mit 15 % sehen sich allerdings etwa gleichviele Unternehmen veranlasst, den Beschäftigtenstand zu reduzieren, wie mit 14 % diesen zu erhöhen. In den letzten 14 Jahren hatte das Bauhauptgewerbe ca. 220.000 Beschäftigte für die Branche hinzugewinnen können. Der Prozess kommt offensichtlich mindestens zum Erliegen, ja, es droht Beschäftigungsabbau (Frage 11).

Bemerkenswert ist, dass es einen ganz überwiegenden Anteil von Unternehmen gibt (26 %) die die Anzahl ihrer Lehrlinge erhöhen will. Demgegenüber sehen sich 12 % veranlasst, die Anzahl ihrer Lehrlinge zu verringern. Ganz überwiegend (62 %) soll der Lehrlingsbestand gehalten werden. Hintergrund für die per Saldo deutlich überwiegende Bereitschaft Lehrlinge neu einzustellen, dürften der absehbare Renteneintritt vieler Mitarbeiter, aber auch der potentiell hohe Bedarf an Bauleistungen in den nächsten Jahren sein, ob im Wohnungsbau oder bei der Infrastruktur. Hierzu passt auch, dass über die Hälfte der Unternehmen über unbesetzte Ausbildungsplätze berichtet (Fragen 12, 13).

Unter den Konjunkturaussichten hat auch besonders die Investitionsbereitschaft in Maschinen und Geräte gelitten. Nicht einmal 10 % der Unternehmen haben hier ihre Investitionsbudgets aufgestockt, 42 % haben sie aber reduziert. Das ist ein Rückgang gegenüber dem Vorjahresniveau um 20 %-Punkte. Keine andere Branche hatte in den Jahren zuvor relativ mehr investiert. Bemerkenswerterweise specken die Unternehmen ihre Investitionen in die Digitalisierung nicht derart ab wie in den Maschinen- und Gerätepark. Knapp 60 % wollen ihre Budgets hier halten, etwa jeweils 20 % wollen ihre Investitionen ausweiten oder reduzieren (Frage 14).

Die Verfügbarkeit von Baumaterial, Maschinen und Geräten ist wieder weitgehend gegeben. Gerade für Stahlprodukte, Kunststoffe und Holzprodukte ist damit annähernd wieder die Lieferflexibilität erreicht wie vor der Corona-Pandemie. Gleichwohl halten die Preise im Einkauf weiter ein historisch hohes Niveau (Fragen 17).

Meldeten im Frühjahr 2022 noch nahezu 80 % der Unternehmen Lieferschwierigkeiten bei Baumaterial, sind es im Frühjahr 2023 noch knapp ein Viertel der Unternehmen. Einschränkungen gibt es noch bei den energieintensiven mineralischen Produkten (Mauersteine, Ziegel, Fliesen, Vliese) und bei Bitumen. Letzteres liegt an den ausgefallenen Kapazitäten der ostdeutschen Raffinerie in Schwedt, infolge des Importstopps von russischem Erdöl (Frage 18).

Unter den Baubehinderungsgründen hat es einen Prioritätenwechsel gegeben. Lieferschwierigkeiten haben quasi den ersten Platz geräumt und sind auf Platz 5 „abgerutscht“. Demgegenüber haben fehlende Aufträge um 30 %-Punkte auf 40 % zugelegt. Bedeutendster Baubehinderungsgrund bleibt allerdings der Fachkräftemangel. Die Tatsache, dass Unternehmen hier den wichtigsten Grund für Baubehinderungen sehen, spricht auch dafür, dass das Bauhauptgewerbe eine konjunkturelle Delle durchmacht, nicht aber am Beginn einer Krise steht (Frage 21).

Die Ergebnisse in der Übersicht finden Sie hier:

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Ihre Ansprechpartnerin:

Lena Brucato

Presse- und Öffentlichkeitsarbeit

Telefon: 069 / 9 58 09-222
E-Mail: brucato@bgvht.de

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