Zu Beginn des Jahres 2025 werden eine Vielzahl von Änderungen im Zuständigkeitsbereich des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) in Kraft treten. Eine Übersicht über die wesentlichen Änderungen im Arbeits- und Sozialrecht haben wir hier zusammengestellt:
Formerleichterungen Altersrente und Ende des Arbeitsverhältnisses – Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI)
Eine Vereinbarung, die die Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Erreichen der Regelaltersgrenze vorsieht, bedarf zu ihrer Wirksamkeit zukünftig lediglich der Textform (vgl. § 41 Abs. 2 SGB VI). § 14 Abs. 4 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG), wonach die Befristung eines Arbeitsvertrags zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform bedarf, gilt in diesem Fall nicht.
Hinweis: Für alle anderen Arbeitsvertragsbefristungen bleibt es bei dem zwingenden Schriftformerfordernis des § 14 Abs. 4 TzBfG. Die Regelung des § 41 Abs. 2 SGB VI gilt im Übrigen nicht für eine Beendigung durch eine Erwerbsminderungsrente.
Formerleichterungen – Pflegezeitgesetz (PflegeZG) und Familienpflegezeitgesetz (FPfZG)
Pflegezeitgesetz:
Beschäftigte, die Pflegezeit beanspruchen möchten, müssen dies dem Arbeitgeber gemäß § 3 Abs. 3 PflegeZG spätestens zehn Arbeitstage vor Beginn ankündigen und gleichzeitig erklären, für welchen Zeitraum und in welchem Umfang die Freistellung von der Arbeitsleistung in Anspruch genommen werden soll. Bisher musste diese Erklärung schriftlich erfolgen. Künftig genügt dafür die Textform.
Beabsichtigt der Beschäftigte, die Pflegezeit (§ 3 Abs. 1 oder Abs. 5) zeitlich nach einer Familienpflegezeit oder einer Freistellung nach § 2 Abs. 5 des Familienpflegezeitgesetzes (FPfZG) in Anspruch zu nehmen, muss die Pflegezeit im unmittelbaren Anschluss an diese (Teil-)Freistellungszeiten genommen werden. Den Pflegezeitwunsch muss der Beschäftigte dem Arbeitgeber in diesen Fällen nicht mehr acht Wochen vor dessen Beginn in Schriftform mitteilen; dies kann auch in Textform erfolgen (vgl. § 2 Abs. 3 S. 6 PflegeZG).
Familienpflegezeitgesetz:
Wer Familienpflegezeit nach § 2 FPfZG beanspruchen will, muss dies dem Arbeitgeber spätestens acht Wochen vor dem gewünschten Beginn ankündigen und gleichzeitig erklären, für welchen Zeitraum und in welchem Umfang innerhalb der Gesamtdauer nach § 2 Abs. 2 FPfZG die Freistellung von der Arbeitsleistung in Anspruch genommen werden soll. Dabei ist auch die gewünschte Verteilung der Arbeitszeit anzugeben (vgl. § 2a Abs. 1 S. 1 und 2 FPfZG). Die Verpflichtung des Beschäftigten, diese Erklärungen in Schriftform abzufassen, ist entfallen. Zukünftig reicht die Textform aus.
Wird eine Freistellung nach dem Pflegezeitgesetz (§ 3 Abs. 1 oder Abs. 5) nach einer Familienpflegezeit in Anspruch genommen, ist diese in unmittelbarem Anschluss an die Familienpflegezeit zu beanspruchen, wobei sie dem Arbeitgeber künftig spätestens acht Wochen vor Beginn auch in Textform angekündigt werden kann (vgl. § 3 Abs. 3 S. 6 FPfZG).
Hinweis: Die Vereinbarung von Teilzeittätigkeit während der Pflege- bzw. Familienpflegezeit ist dagegen weiterhin an das Schriftformerfordernis gebunden (vgl. § 3 Abs. 3 PflegeZG, § 2a Abs. 2 S. 1 FPfZG).
Formerleichterungen bei der Beantragung von Elternzeit und Teilzeit in Elternzeit – Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) – Geltung für Kinder, die nach dem 30. April 2025 geboren werden
Wer gemäß § 16 Abs. 1 S. 1 BEEG Elternzeit beantragen möchte, muss dies vom Arbeitgeber fristgerecht vor Beginn der Elternzeit verlangen. Dafür ist künftig nicht mehr die Schriftform nötig, es reicht Textform (vgl. ebd.).
Gemäß § 15 Abs. 7 S. 1 BEEG kann der Arbeitnehmer seinen Rechtsanspruch auf Teilzeit während der Elternzeit in Zukunft auch in Textform geltend machen. Gleiches gilt für die Mitteilung, für welchen Zeitraum Elternzeit gewünscht wird (§ 15 Abs. 2 S. 2 iVm. § 15 Abs. 7 Nr. 5 BEEG).
Möchte der Arbeitgeber den Anspruch auf Teilzeit in Elternzeit nach § 15 Abs. 7 BEEG wegen der geltend gemachten Verringerung oder Verteilung der Arbeitszeit ablehnen, kann er dies auch– innerhalb der dafür vorgesehen Fristen nach § 15 Abs. 7 S. 5 Nr. 1 BEEG und 2 BEEG – künftig mit einer Begründung in Textform (anstelle der Schriftform) bewerkstelligen (vgl. § 15 Abs. 7 S. 4 BEEG). Ein nicht rechtzeitig in Textform abgelehnter Teilzeitwunsch gilt aufgrund gesetzlicher Fiktion als erteilt (vgl. § 15 Abs. 7 S. 5 und 6 BEEG).
Beabsichtigt der Arbeitnehmer während der Elternzeit die Aufnahme einer Teilzeittätigkeit bei einem anderen Arbeitgeber oder eine selbstständige Erwerbstätigkeit, bedarf dies der Zustimmung des originären Arbeitgebers. Möchte dieser die Zustimmung aus dringenden betrieblichen Gründen verweigern, kann er dies innerhalb von vier Wochen nach der Beantragung nun auch in Textform erledigen (§ 15 Abs. 4 S. 3 BEEG).
Hinweis: Da die Neuregelungen nur für Kinder gelten, die nach dem 30. April 2025 geboren werden, wird es in den nächsten acht Jahren in den vorgenannten Fällen ein Nebeneinander von Schriftform und Textformvorgaben bei der Inanspruchnahme und Ablehnung von Teilzeit in Elternzeit geben.
Formerleichterungen – Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG)
Der Arbeitnehmerüberlassungsvertrag zwischen Verleiher und Entleiher ist künftig auch in Textform möglich (vgl. § 12 Abs. 1 S. 1 AÜG).
Im Zusammenhang mit den Beteiligungsrechten des Betriebsrats im Rahmen des § 14 Abs. 3 S. 2 AÜG erfolgt eine dahingehende Anpassung, dass der Entleiher dem Betriebsrat lediglich die „Erklärung“ des Verleihers nach § 12 Abs. 1 S. 3 AÜG (d.h. die Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis) vorzulegen hat. Die Vorlage einer schriftlichen Erklärung ist nicht mehr erforderlich. Zeugnisse und Dokumentenanpassung – Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), Gewerbeordnung (GewO), Gesetz über die Selbstbestimmung in Bezug auf den Geschlechtseintrag (SBGG).
Bürgerliches Gesetzbuch, Gewerbeordnung: Bislang war gemäß § 630 S. 1 BGB und § 109 Abs. 1 GewO die Erteilung eines Arbeitszeugnisses in Schriftform verpflichtend. Eine Zeugniserteilung in elektronischer Form war ausdrücklich ausgeschlossen. Nunmehr erlauben beide Normen, dass mit Einwilligung des Arbeitnehmers wahlweise auch die Erteilung eines Arbeitszeugnisses in elektronischer Form erfolgen kann (vgl. § 630 S. 3 BGB und § 109 Abs. 3 GewO).
Gesetz über die Selbstbestimmung in Bezug auf den Geschlechtseintrag: Gemäß § 10 Abs. 2 SBGG können Personen, deren Geschlechtseintrag und Vornamen im Personenstandsregister geändert wurde, verlangen, dass vor allem Zeugnisse und andere Leistungsnachweise sowie Ausbildungs- und Dienstverträge mit dem geänderten Geschlechtseintrag und den geänderten Vornamen neu ausgestellt werden, soweit diese Dokumente Angaben zum Geschlecht oder zu den Vornamen enthalten und zur Aushändigung an die Person bestimmt sind. Voraussetzung ist, dass die betreffende Person daran ein berechtigtes Interesse glaubhaft machen kann. Das Gesetz ist bereits zum 1. November 2024 in Kraft getreten.
Hinweis: Die Erteilung von Zeugnissen in elektronischer Form bedeutet, dass dieses künftig nicht mehr in Papier ausgedruckt und eigenhändig unterzeichnet werden muss. Es bedarf allerdings einer qualifizierten elektronischen Signatur (gem. Art. 3 eIDAS-VO –Verordnung über elektronische Identifizierung und Vertrauensdienst). Diese ersetzt die Unterschrift.
Aushangpflichten und Bußgeldtatbestände – Arbeitszeitgesetz (ArbZG), Jugendarbeitsschutzgesetz (JArbSchG)
Arbeitszeitgesetz:
Arbeitgeber sind nach § 16 Abs. 1 ArbZG verpflichtet, eine Kopie des ArbZG, der auf Grund des ArbZG erlassenen, für den Betrieb geltenden Rechtsverordnungen und der für den Betrieb geltenden Tarifverträge und Betriebs- oder Dienstvereinbarungen im Sinne des § 7 Abs. 1 bis 3 und der§§ 12 und 21a Abs. 6 ArbZG den Arbeitnehmern an geeigneter Stelle im Betrieb oder in der Dienststelle zur Einsichtnahme auszulegen oder auszuhängen. Alternativ kann der Arbeitgeber diese Informationen künftig auch über die im Betrieb oder in der Dienststelle übliche Informations- und Kommunikationstechnik zur Verfügung stellen.
Jugendarbeitsschutzgesetz:
Arbeitgeber, die regelmäßig mindestens einen Jugendlichen beschäftigen, haben eine Kopie dieses JArbSchG und die Anschrift der zuständigen Aufsichtsbehörde den Arbeitnehmern an geeigneter Stelle im Betrieb oder in der Dienststelle zur Einsicht auszulegen oder auszuhängen. Dies kann künftig auch über die im Betrieb oder in der Dienststelle übliche Informations- und Kommunikationstechnik erfolgen (vgl. § 47 JArbSchG).
Beschäftigen Arbeitgeber regelmäßig mindestens drei Jugendliche, haben sie eine Information über Beginn und Ende der regelmäßigen täglichen Arbeitszeit und der Pausen der Jugendlichen den Arbeitnehmern an geeigneter Stelle im Betrieb oder in der Dienststelle zur Einsicht auszulegen oder auszuhängen. Neu ist, dass dies nun wahlweise ebenfalls über die im Betrieb oder in der Dienststelle übliche Informations- und Kommunikationstechnik zur Verfügung gestellt werden kann.
Für den Betrieb oder Betriebsteil geltende behördliche Ausnahmebewilligungen vom Jugendarbeitsschutzgesetz können den Arbeitnehmern in Kopie jetzt auch über die im Betrieb oder in der Dienststelle übliche Informations- und Kommunikationstechnik zur Verfügung gestellt werden. Bislang war es nur möglich, die Kopie an geeigneter Stelle im Betrieb oder in der Dienststelle zur Einsicht auszulegen oder auszuhängen.
Die Bußgeldtatbestände des § 59 Abs. 1 Nr. 7, 8 und 12 JArbSchG werden entsprechend angepasst.
Ihr Ansprechpartner
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht
Telefon: 069 / 958 09-160
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