Image
31.10.2022
Wirtschaft

Hohe Materialkosten treiben die Baupreise weiter – aktuelle Konjunkturentwicklung im Bauhauptgewerbe

Nach den Daten des Statistischen Bundesamtes haben die Unternehmen des Bauhauptgewerbes mit 20 und mehr Beschäftigten im August 2022 einen Umsatz von ca. 9,5 Mrd. Euro erwirtschaftet, nominal ein Zuwachs um ca. 11,2 %, real ein Verlust von 5,1 %. Die Branche generierte bis zum August 2022 einen Umsatz von ca. 65,7 Mrd. Euro, nominal ein Zuwachs um 11,5 %, real ein Rückgang um 4,3 %. Die Order erreichten bis August 2022 ca. 67,3 Mrd. Euro, nominal ein Zuwachs um 10 %, real ein Rückgang um 5 %.

Die Materialkosten verharren weiter auf historisch hohem Niveau. Die Entwicklung ist dabei ambivalent. In der Herstellung energieintensiver Baustoffe wie Ziegel, Zement, Beton und Vliese zeigen beim Erzeugerpreisindex zum Vorjahr deutlich zweistellige Zuwachsraten. Weitere mineralische Baustoffe wie Kies und Sand „hängen sich“ an diesen Trend an. Demgegenüber geben die Einstandspreise bei den erdölbasierten Stoffen sowie Stahl und Holz weiter nach, sind jedoch weiter weit von den Ausgangsniveaus aus 2019 entfernt. Die Daten können dem Anhang entnommen werden.

Die Materialkostenentwicklung ist wesentlicher Treiber der Preisentwicklung für Bauleistungen. Nach den Daten des Statistischen Bundesamtes liegen die Preise für Bauleistungen im August 2022

  • im Wohnungsbau um gut 16,5 %
  • für Büro- und Betriebsgebäude um ca. 18 % und
  • im Straßenbau um 18,5 %

über den Werten des Vorjahres.

Im Umfeld dieser Entwicklung steigen auch die Lebenshaltungs- und Finanzierungskosten. Dieser Mix schlägt zurück auf die Nachfrage nach Bauleistungen. Die Baukonjunktur verliert an Schwung.

In den einzelnen Bausparten zeichnet sich folgende Entwicklung ab:

Bis August 2022 wurden nahezu 245.000 Genehmigungen zum Wohnungsbau erteilt. Das waren 6.659 Wohneinheiten (WE) weniger als im Vorjahreszeitraum (-2,7 %). Das Delta ist maßgeblich auf den Einfamilienhausbau (EFH) zurückzuführen. Hier schlägt ein Minus von ca. 10.300 WE zu Buche. Dabei ist ein Basiseffekt zu berücksichtigen: Bis zum März 2021 konnte Baukindergeld beantragt werden. Dies wurde seinerzeit deutlich in Anspruch genommen. Daneben schlagen sich die beschriebenen verschlechterten Rahmenbedingungen nieder. Im Bereich Ein- und Zweifamilienhäuser wurden bis August 2022 gut 76.400 WE genehmigt.

Im Bereich der Mehrfamilienhäuser (MFH) sind bis August 2022 für ca. 131.000 WE Genehmigungen erteilt worden, ein Plus von ca. 7.100 WE (+5,7 %). Der Zuwachs stammt aus den Monaten Januar bis April. Seither stagniert die Nachfrage gegenüber dem Vorjahr. Im August war ein Rückgang um 3,8 % zum Vorjahreswert zu verzeichnen.

Offensichtlich kommen Baugenehmigungen auch nicht mehr wie bisher zur Auftragserteilung. Seit April 2022 gehen die Order im Vergleich zum Vorjahr deutlich zurück. Bereits in den Monaten April bis Juli mussten die Bauunternehmen jeweils reale Rückgänge zwischen 13 % und 21 % hinnehmen. Nach den Daten des Statistischen Bundesamtes waren es im August nun ca. -24 %. Kumulativ fehlen damit real schon ca. 11 % zum Vorjahr. Diese Entwicklung lässt in den kommenden Monaten eine nachlassende Umsatzentwicklung erwarten. Der Wohnungsbau kann offensichtlich nicht mehr Stützfunktion der Baukonjunktur wahrnehmen. Es zeigt sich immer deutlicher, dass der politische Anspruch, im Jahr 400.000 Wohnungen zu errichten, nicht aufgehen wird. Der Wohnungsbau braucht jetzt dringend die avisierte Gaspreisbremse. Der Druck der Materialpreisentwicklung auf die Baupreise muss reduziert werden. Daher ist die Baustoffindustrie schnellstmöglich auf die Entlastungen angewiesen.

Der Umsatz im Wohnungsbau erreichte in den Betrieben mit 20 und mehr Beschäftigten ca. 17,3 Mrd. Euro, nominal ein Plus von knapp 15 %, real ein Verlust von knapp 1 %.

Im Wirtschaftsbau wurden bis zum August 2022 ca. 27,4 Mrd. Euro umgesetzt (+11 %), davon 15,8 Mrd. Euro im Hochbau (+10 %) und 11,6 Mrd. Euro im Tiefbau (+12,3 %).

Im Bereich des Wirtschaftshochbaus setzt sich eine ambivalente Nachfrageentwicklung fort. Während die Nachfrage, bemessen nach Baukosten – die von der Preisentwicklung getrieben wird – noch weitgehend positive Vorzeichen trägt, fällt die Bemessung nach umbauten Raum deutlich differenzierter aus: Die Nachfrage nach Lagergebäuden bleibt aufwärtsgerichtet. Während in der Corona-Pandemie der Online-Handel hier Treiber war, ist es nun die Lagervorhaltung zur Pufferung der Materialengpässe. Bei Handel und Gastronomie schlagen noch Nachholeffekte durch. Bei Büro- und Fabrikgebäuden zeigt sich schon eine nachlassende Investitionsneigung.

Im Wirtschaftshochbau liegen die Order bei 15,8 Mrd. Euro ein nominaler Zuwachs von 6 %, real ein Rückgang um ca. 7 %. Im Tiefbau erreichen die Order ca. 12,7 Mrd. Euro, nominal ein Zuwachs von ca. 23 %, real immerhin ein Zuwachs von ca. 4 %. Offensichtlich treiben die Investitionen der Deutschen Bahn aber auch der Breitbandausbau den gewerblichen Tiefbau an.

Im öffentlichen Bau wurden bis zum August 2022 ca. 21 Mrd. Euro umgesetzt; (+9,6 %), davon 4 Mrd. Euro im Hochbau; (+5,6 %) und 17 Mrd. Euro im Tiefbau; (+10,6 %), davon 9,4 Mrd. Euro im Straßenbau (+12%) und 7,5 Mrd. Euro im sonstigen Tiefbau (+8,6 %). Auch die Umsatzentwicklung im öffentlichen Bau ist deutlich preisgetrieben. So liegt der reale Wert der Umsatzentwicklung beim Straßenbau per August bei -2 %.

Wichtig im derzeitigen Umfeld ist, dass die öffentliche Hand, vom Bund bis zu den Kommunen, ihre Investitionsplanungen weiter umsetzen. Allerdings deuten die Daten zur Orderentwicklung an, dass die geplanten Budgets nicht ausreichen werden, angesichts der Preisentwicklung für Bauleistungen, die geplanten Projekte in vollem Umfang zu realisieren. So sind im Straßenbau bis August 2022 Order im Umfang von 10,7 Mrd. Euro eingegangen, was einem nominalen Zuwachs um knapp 8 %, real aber einem Rückgang von ca. 5 % entspricht.

Nach den Daten des Statistischen Bundesamtes halten die Unternehmen mit 20 und mehr Beschäftigten weiter einen Beschäftigtenzuwachs um knapp 2 %. Jahresdurchschnittlich sind per August in diesen Unternehmen ca. 525.000 Personen beschäftigt, ca. 9.200 mehr als vor Jahresfrist.

[download id=“15582″]

 

Ihr Ansprechpartner

Markus Geiser

Betriebswirtschaft

Telefon: 069 / 958 09-170
E-Mail: geiser@bgvht.de

Ähnliche Beiträge

20.12.2024
Startseite

Lohngebundene Kosten: Neuberechnung zum 1. Januar 2025

Die lohngebundenen Kosten (LGK) der Baubetriebe sinken zu Jahresbeginn. Der Wegfall der … Die Berechnung der LGK zum …
19.12.2024
Allgemein

Weihnachtsgrüße vom Verband

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Mitglieder, zum Jahresende blicken wir auf turbulente Monate in der Politik und …
17.12.2024
Allgemein

Seminare und Fortbildungen für die Bauwirtschaft

Profitieren Sie von unserem attraktiven, speziell auf die Bedürfnisse der Bauwirtschaft zugeschnittenen Angebot. Erfahrene Referenten geben neue Impulse …
20.12.2024
Wirtschaft

Lohngebundene Kosten: Neuberechnung zum 1. Januar 2025

Sorry, but you do not have permission to view this content.
17.12.2024
Wirtschaft

Ergebnisse der Herbstumfrage: Bauwirtschaft bleibt im Spannungsfeld von Auftrags- und Fachkräftemangel

An der gemeinsam mit dem ZDB durchgeführten Herbstumfrage 2024 haben sich insgesamt 1.642 Unternehmen beteiligt. Wir bedanken uns
16.12.2024
Wirtschaft

BG BAU – Extranet wird nicht zum 31. Dezember 2024 abgeschaltet. Übergangsfrist um sechs Monate verlängert.

Die für den 31. Dezember 2024 geplante Abschaltung des Extranets der BG BAU wird um weitere sechs Monate