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13.11.2024
Digitalisierung

E-Rechnung ab 2025 Pflicht: Im Dialog mit Andreas Michalewicz, stellvertretender Leiter Forum elektronische Rechnung Deutschland (FeRD)

Andreas Michalewicz

Ab dem 1. Januar 2025 tritt in Deutschland eine bedeutende Neuerung im Bereich der Rechnungsstellung in Kraft: Unternehmen sind verpflichtet, elektronische Rechnungen (E-Rechnungen) im B2B-Bereich zu empfangen und GoBD-konform (die Grundsätze zur ordnungsgemäßen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form) archivieren zu können. Unternehmen müssen ihre IT-Infrastruktur rechtzeitig aufrüsten, um diese Anforderungen zu erfüllen und den reibungslosen Empfang und die Verarbeitung von E-Rechnungen sicherzustellen. Eine E-Rechnung unterscheidet sich von einem einfachen PDF-Dokument dadurch, dass sie einem strukturierten Format entspricht, welches den Vorgaben der EU-Norm EN 16931 genügt. In Deutschland erfüllen insbesondere die Formate X-Rechnung und das hybride Format ZUGFeRD diese Anforderungen.  

VbU : Herr Michalewicz, warum ZUGFeRD und was ist FeRD? 

Michalewicz: ZUGFeRD, das für „Zentraler Übertragungsstandard für elektronische Rechnungen in Deutschland“ steht, ist ein hybrides E-Rechnungsformat, das Unternehmen erhebliche Vorteile bietet. Es kombiniert eine maschinenlesbare XML-Datei mit einem menschenlesbaren PDF-Dokument. Dies ermöglicht nicht nur eine automatisierte Verarbeitung der Rechnungen, sondern auch eine einfache manuelle Überprüfung, was die Effizienz in den Rechnungsprozessen erheblich steigert. ZUGFeRD erfüllt die Anforderungen der EU-Norm EN 16931 und erleichtert somit ab dem 1. Januar die gesetzeskonforme Rechnungsstellung.

Das Forum elektronische Rechnung Deutschland, oder FeRD, spielt eine entscheidende Rolle in diesem Kontext. Es wurde gegründet, um die Einführung und Nutzung von E-Rechnungen in Deutschland zu fördern. FeRD bietet Unternehmen Unterstützung in Form von Informationen, Austausch und Standards wie ZUGFeRD, um ihnen zu helfen, sich auf die bevorstehenden gesetzlichen Änderungen vorzubereiten. Unser Ziel ist es, einheitliche Standards zu etablieren, die den Unternehmen den Übergang zur elektronischen Rechnungsstellung erleichtern und sicherstellen, dass alle Beteiligten von den Vorteilen dieser Technologie profitieren können. 

VbU: Es existieren ‚kleine‘ Softwarelösungen, die es Unternehmen ermöglichen, die Empfangspflicht für E-Rechnungen ab dem 01.01.2025 zu erfüllen, oder würden Sie dazu raten, in ein umfassendes Enterprise-Resource-Planning (ERP)-System mit Rechnungswesen-Modul zu investieren?  

Michalewicz: Das hängt stark von der Größe und den spezifischen Anforderungen des Unternehmens ab. Kleinere Unternehmen, die nur gelegentlich E-Rechnungen empfangen, könnten mit einer einfachen Softwarelösung gut bedient sein. Diese sind oft kostengünstig und schnell implementierbar, sodass die gesetzlichen Anforderungen fristgerecht erfüllt werden können, ohne in komplexe Systeme zu investieren.

Für größere Unternehmen oder solche mit hohem Rechnungsvolumen empfehle ich jedoch die Überlegung zu einem umfassenden ERP-System mit einem integrierten Rechnungswesen-Modul. Solche Systeme bieten nicht nur die Möglichkeit, E-Rechnungen zu empfangen und zu verarbeiten, sondern auch erweiterte Funktionen wie die Automatisierung von Zahlungsprozessen und die Möglichkeit zur nahtlosen Integration in andere Geschäftsabläufe. 

VbU: Welche Rolle nimmt der Steuerberater bei der Umstellung auf E-Rechnungen ein, und wie kann die Zusammenarbeit in diesem Prozess digitalisiert werden? 

Michalewicz: Der Steuerberater spielt eine entscheidende Rolle bei der Umstellung auf E-Rechnungen, da er nicht nur beratend zur Seite steht, sondern auch sicherstellt, dass die Unternehmen die gesetzlichen Anforderungen erfüllen und steuerliche Vorgaben einhalten. Insbesondere kann der Steuerberater wertvolle Unterstützung bei der Auswahl der richtigen E-Rechnungslösung bieten und die Integration in bestehende Buchhaltungs- und Rechnungswesenprozesse begleiten.

Ein wichtiger Aspekt ist auch die Schulung der Mitarbeiter. Der Steuerberater kann Schulungen anbieten, um sicherzustellen, dass alle Beteiligten die neuen Prozesse verstehen und effektiv umsetzen können. Dies ist besonders wichtig, um Akzeptanz zu schaffen und die Effizienz in der Nutzung der neuen Systeme zu maximieren. 

VbU: Sind Unternehmen verpflichtet, bis zum 01.01.2025 eine spezielle Archivierungslösung für E-Rechnungen zu implementieren? Ist es ausreichend, Rechnungen in einer bestehenden Ordnerstruktur zu speichern und gleichzeitig diese in Papierform aufzubewahren? 

Michalewicz: Ja, Unternehmen sind verpflichtet, bis zum 01. Januar 2025 eine geeignete Lösung zur Archivierung von E-Rechnungen zu implementieren. Die GoBD müssen dabei eingehalten werden. Diese Vorschriften gelten für E-Rechnungen genauso wie für traditionelle Papierdokumente.

Es reicht nicht aus, Rechnungen lediglich in einer bestehenden Ordnerstruktur zu speichern oder sie zusätzlich in Papierform aufzubewahren. Elektronische Rechnungen müssen so archiviert werden, dass sie unveränderbar sind und während der gesamten Aufbewahrungsfrist von zehn Jahren unverändert gespeichert werden. Dies bedeutet, dass die Integrität und Lesbarkeit der E-Rechnungen gewährleistet sein müssen, was durch eine geeignete Archivierungslösung erreicht werden sollte. 

Um den gesetzlichen Anforderungen gerecht zu werden, sollten Unternehmen daher eine digitale Archivierungslösung wählen, die sicherstellt, dass E-Rechnungen revisionssicher und langfristig aufbewahrt werden können. Diese Lösung sollte in der Lage sein, die E-Rechnungen in einem Format zu speichern, das sowohl die Unveränderbarkeit als auch die vollständige Lesbarkeit über die gesamte Aufbewahrungsfrist hinweg gewährleistet. Auf diese Weise schützen sich Unternehmen vor möglichen rechtlichen und steuerlichen Konsequenzen, die aus einer unzureichenden Archivierung entstehen könnten. 

VbU: Welche strategischen Schritte sollten Unternehmen jetzt ergreifen, um bis zum 1. Januar 2025 für Empfang von E-Rechnungen gerüstet zu sein?  

Michalewicz: Es gibt einige wichtige Schritte, die Unternehmen jetzt schnellstmöglich in Angriff nehmen sollten, um die geltenden Fristen noch einhalten zu können:

  • Spezielle E-Mail-Adresse einrichten: 

Richten Sie eine dedizierte E-Mail-Adresse für den Empfang von E-Rechnungen ein, um eine effiziente Verwaltung und Zuordnung der Rechnungen zu gewährleisten. 

  • Lieferanten und Nachunternehmer informieren: 

Kommunizieren Sie mit Ihren Lieferanten und Nachunternehmern über die neuen Anforderungen. Teilen Sie ihnen das bevorzugte E-Rechnungsformat mit und bieten Sie Testmöglichkeiten an, um einen reibungslosen Übergang zu gewährleisten. 

  • Gespräch mit dem Steuerberater: 

Führen Sie ein Gespräch mit Ihrem Steuerberater, um die notwendigen Anpassungen in Ihren Prozessen und Systemen zu besprechen. Klären Sie, welche rechtlichen und steuerlichen Anforderungen zu beachten sind. 

  • Aktuelle Software prüfen: 

Überprüfen Sie, ob Ihre aktuelle Software E-Rechnungen unterstützt. Gegebenenfalls sind ein Update oder die Implementierung eines neuen Systems erforderlich. Nutzen Sie Prüfsoftware, um die E-Rechnung auf Konformität zu testen. Berücksichtigen Sie bei Ihrer strategischen Entscheidung auch die zukünftige digitale Transformation, z. B. im Bereich Mahnwesen oder Zahlungsüberwachung. 

  • E-Rechnungs-Viewer oder PDF-Lösung in Betracht ziehen: 

Falls keine umfassende Lösung verfügbar ist, prüfen Sie, ob ein E-Rechnungs-Viewer oder eine PDF-Lösung ausreichend ist. Stellen Sie sicher, dass Sie E-Rechnungen manuell prüfen können, um die Einhaltung der Anforderungen sicherzustellen. 

  • GoBD-konforme Archivierung gewährleisten: 

Stellen Sie sicher, dass Sie E-Rechnungen GoBD-konform archivieren können. Dies kann durch spezielle Software oder revisionssichere Speicherlösungen geschehen. Ordnen Sie die Rechnungen entsprechenden Attributen zu, wie z. B. Thema, Projekt, Kostenstelle, Geschäftspartner und Belegdatum. 

  • E-Rechnung buchen: 

Buchen Sie die E-Rechnungen auch bei Soll-Versteuerung. Hinterlegen Sie einen Link im Buchungssatz, der auf die Original-E-Rechnungsdatei im Dokumentenmanagementsystem (DMS) verweist. 

  • Prozesse dokumentieren: 

Beschreiben und dokumentieren Sie alle relevanten Prozesse in einer Verfahrensdokumentation. Dies stellt sicher, dass alle Mitarbeiter über die neuen Abläufe informiert sind und die Prozesse transparent nachvollzogen werden können. 

VbU: Darüber hinaus gibt es beim Rechnungsausgang wichtige Neuerungen: Spätestens ab Januar 2027 sind Unternehmen mit einem Vorjahresumsatz von mehr als 800.000 Euro verpflichtet, ihren Geschäftspartnern E-Rechnungen auszustellen. Für Unternehmen mit geringeren Umsätzen gilt diese Pflicht erst ab Januar 2028. Bis dahin dürfen noch Papierrechnungen und PDF-Dokumente als sogenannte „sonstige Rechnungen“ verwendet werden, allerdings ausschließlich im B2C-Bereich, also gegenüber Privatpersonen. Welche konkreten technischen und organisatorischen Vorbereitungen müssen Unternehmen treffen, um ab 2027 (bzw. 2028) E-Rechnungen gemäß den neuen gesetzlichen Vorgaben ausstellen zu können? 

Michalewicz: Zusätzlich zu den Maßnahmen, die Unternehmen bereits für den Empfang von E-Rechnungen ergreifen, kommen ab 2027 wichtige Punkte hinzu, um auch den Rechnungsausgang gesetzeskonform und effizient zu gestalten. Dabei sind einige zentrale Aspekte besonders hervorzuheben:

  • Übermittlungswege festlegen. 

Planen Sie, wie die E-Rechnungen übermittelt werden sollen. Diese können entweder als E-Mail-Anhang über Portale oder zum Beispiel über das Peppol-Netzwerk versendet werden. Berücksichtigen Sie die spezifischen Anforderungen Ihrer Geschäftspartner und die Verbreitung dieser Übertragungswege in Ihrer Branche. 

  • Abstimmung mit dem Empfänger: 

Koordinieren Sie die E-Rechnungskommunikation mit Ihren Empfängern. Tauschen Sie die notwendigen Leitweg-IDs aus, um sicherzustellen, dass die E-Rechnungen korrekt zugestellt werden. Dies ist besonders wichtig für die Übermittlung über ZRE, OZG-RE oder das Peppol-Netzwerk, wo die Leitweg-ID eine zentrale Rolle spielt. 

  • Schulung der Mitarbeiter: 

Eine kontinuierliche und umfassende Schulung der Mitarbeiter im Bereich E-Rechnung ist unerlässlich, um die Umstellung erfolgreich umzusetzen. Schulen Sie Ihre Mitarbeiter im Umgang mit der neuen Software und den Prozessen zur E-Rechnungserstellung, -versendung und -archivierung. Regelmäßige Schulungen ermöglichen es den Unternehmen zudem, den vollen Nutzen der Umstellung auf E-Rechnungen auszuschöpfen und flexibel auf zukünftige Anpassungen zu reagieren. 

Die Einführung der E-Rechnungsempfangspflicht ab dem Januar 2025 stellt eine bedeutende Neuerung für Unternehmen dar und wird weitreichende Auswirkungen auf die Unternehmensprozesse haben. Zwar gibt es Ausnahmen und Sonderregelungen: So sind Kleinbetragsrechnungen bis zu einem Betrag von 250 Euro sowie Fahrausweise für die Personenbeförderung von der E-Rechnungspflicht ausgenommen. Auch für steuerfreie Umsätze gemäß § 4 Nr. 8 bis 29 UStG besteht keine Verpflichtung zur Ausstellung einer E-Rechnung. 

Unabhängig davon, ob ein Unternehmen zu diesen Ausnahmen gehört, sollte die Umstellung auf die E-Rechnungspflicht jedoch als große Chance für die digitale Transformation gesehen werden – und nicht bloß als gesetzliche Verpflichtung. Die Umstellung betrifft weit mehr als nur die Einführung einer neuen Software. Unternehmen sollten den Gesamtprozess im Blick haben, nicht nur einzelne Softwareeinheiten. Wichtig ist dabei vor allem, dass die Umstellung dank dem hybriden Rechnungsformat ZUGFeRD nicht zu techniklastig ist: Während Sie die Rechnung als leicht lesbares PDF betrachten, enthält die Datei zugleich einen strukturierten Datensatz im XML-Format.  

Die Digitalisierung von Rechnungen kann Effizienzpotenziale im gesamten kaufmännischen Bereich eröffnen. Durch die automatisierte Bearbeitung von Belegen wird nicht nur Zeit gespart, sondern auch Freiraum geschaffen, den Unternehmer für ihr Kerngeschäft nutzen können. Ein durchgängig digitaler Prozess, von der Erstellung bis hin zur Archivierung, reduziert den Aufwand und minimiert menschliche Fehler. Der direkte Versand und Empfang von Rechnungen beschleunigt den Zahlungszyklus und verbessert die Liquiditätsplanung. Unternehmen können dadurch schneller auf Zahlungen zugreifen und ihre finanzielle Situation präziser steuern. Prozesse werden insgesamt gestrafft, überflüssige Schritte beseitigt und Ressourcen besser genutzt. 

Ihre Ansprechpartnerin:

Anna Weisheim

Projekt "DigiGuides"

Telefon: 069 / 958 09-550
E-Mail: weisheim@bgvht.de

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